Start » Handlungsempfehlungen » Alkohol - weiterführende Empfehlungen
Aufnahme in ihre Einrichtung
Sucht ist eine Erkrankung, bei der die Scham vorherrscht. Deshalb bagatellisieren viele Menschen ihr Problem oder leugnen es. Wenn Sie eine zu Pflegende oder einen zu Pflegenden neu in Ihre ambulante oder stationäre Pflege aufnehmen, wird die Anamnese/Biographie erhoben. In diesem Kontext ist es statthaft, nach Ernährungs- und Trinkgewohnheiten zu fragen. In diesem Zusammenhang sollten Sie nach dem Alkoholkonsum fragen. Dazu eignet sich der Fragebogen AUDIT-C, der nur aus 3 Fragen besteht, und der Biografiebogen.
Sollte bei Ihren zu Pflegenden eine bekannte Alkoholabhängigkeit bestehen, achten Sie als Beispiel bitte darauf, dass die Mahlzeiten keinen Alkohol enthalten (z.B. keine Weinsaucen). Alkoholkranke, die abstinent leben, sollten ihre Zimmer nicht mit Menschen teilen, die aktuell Alkohol konsumieren.
Wahrnehmen – Dokumentieren - Austausch
Der Alkoholgebrauch der zu Pflegenden bedeutet nicht automatisch, dass sich ein Handlungsbedarf ergibt. Um die im Pflegealltag wahrgenommenen Veränderungen schnell zu dokumentieren, können Sie den Beobachtungsbogen benutzen. Nicht jede oder jeder Suchtkranke stellt die leeren Alkoholflaschen zur Schau oder ist immer mit „Fahne“ anzutreffen. Schwieriger sind indirekte Anzeichen wie Gangunsicherheit, Schlafstörungen, sozialer Rückzug, Antriebsverlust, Stimmungsschwankungen etc. einzuschätzen. Diese Auffälligkeiten können Anzeichen einer Sucht sein, können aber auch auf andere Ursachen hindeuten.
Nehmen Sie sich Zeit für einen kollektiven Austausch, da an der Pflege und Betreuung der zu Pflegenden immer mehrere Mitarbeitende beteiligt sind. Wichtig ist, dass sie als „Team“ reagieren und handeln. Es sollte nicht vorkommen, dass Mitarbeitende übermäßig Alkohol besorgen oder zulassen, während andere den Alkohol verbieten oder wegschütten.
Achtung!
Sollten Sie den Eindruck haben, dass zu Pflegende ein Alkoholproblem haben, dürfen Sie auf keinen Fall den Alkohol abrupt entziehen. Sie bringen sie damit unter Umständen in Lebensgefahr!
Risikoeinschätzung
Es muss eine Analyse erfolgen, ob das beobachtbare Verhalten mit einem erheblichen Risiko für die Gesundheit der Betroffenen einhergeht oder die subjektiv erlebte und objektiv beobachtbare Lebensqualität negativ beeinflusst. Zusätzlich sollte eine Analyse erfolgen, ob das substanzbezogene Verhalten den Pflegeauftrag oder gar die zu Pflegenden gefährdet. Keineswegs muss jedes beobachtete problematische Verhalten verändert werden. Aber auch wenn kein konkreter Handlungsbedarf besteht, sollten Sie die zu Pflegenden auf ihren Alkoholkonsum ansprechen. Nutzen Sie das aufgebaute Vertrauensverhältnis und äußern Sie ihre Sorge. Abstinenz ist bei Hochbetagten und Pflegebedürftigen kein vorrangiges Ziel, vielmehr werden die Verbesserung der Lebensqualität und die Senkung von vorwiegend gesundheitlichen Risiken durch eine Reduktion der Trinkmenge angestrebt. Die Mitarbeitenden der Altenhilfe müssen keine Diagnosen stellen und sind nicht für suchttherapeutische Interventionen verantwortlich.
Intervention
Vielen Betroffenen hilft es, auf die eigene Problematik angesprochen zu werden. Für die Betroffenen ist die Erkenntnis wichtig, dass ihr Suchtmittel durch eine gesteigerte Lebensqualität ersetzt wird. Widerstände sind jedoch häufig anzutreffen. Diese sind auszuhalten und die Eigenverantwortung zu respektieren. Es lohnt sich aber, wiederholte Versuche zu starten. Manchmal hilft es auch, über die Probleme, die mit dem Alkoholkonsum im Alter verbunden sind, aufzuklären. Bei der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) können Sie kostenlos Informationsmaterial für die Patienten, aber auch für sich selbst beziehen (www.dhs.de).
Das Modell der Aktivitäten und existentiellen Erfahrungen (AEDL) nach M. Krohwinkel gibt Ihnen Hinweise darauf, welche Pflegeziele durch Suchterkrankungen beeinträchtigt sind.
Es hilft den Betroffenen und entlastet Sie, wenn Sie sich (telefonisch und anonymisiert) in einer Suchtberatung beraten lassen. Wenn die oder der zu Pflegende schriftlich zustimmt, können Sie einen Kontakt zur Suchthilfe herstellen. Dann können Sie die suchtspezifische Beratung und Behandlung in die Hände von dafür ausgebildeten Fachkräften legen. In Absprache mit der Suchthilfe und den Betroffenen vereinbaren Sie ein gemeinsames Vorgehen.
Manche Menschen können und wollen auch im Alter trotz deutlicher alkoholbedingter körperlicher oder psychischer Folgen nicht abstinent leben. Es existieren spezialisierte Einrichtungen, in denen das unter Betreuung und in der Gemeinschaft mit anderen Betroffenen möglich ist. Die Suchtberatung kann sie dazu informieren.
Den Ablaufplan bei Verdacht auf einen problematischen Alkoholkonsum finden Sie hier!