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Ablaufplan bei Verdacht auf einen problematischen Alkoholkonsum
Dieses Schema ist idealtypisch. Das Leben geht meistens nicht so geradlinige Wege. Möglicherweise gibt es ein „Vor und Zurück“ bei Ihrem Bemühen, den Betroffenen angemessene Hilfe zukommen zu lassen.
Beobachtung
„Mir fällt schon länger etwas auf“
→ Beobachtungsbogen benutzen und ausfüllen
Fallbesprechung
„Besprechung mit den Kolleginnen und Kollegen“
→ Auffälliges Verhalten mit denen besprechen,
die die Betroffenen kennen
(Fallbesprechung)
→ Gesprächsergebnis dokumentieren
Betroffene
ansprechen
„Wie spreche ich mit den zu Pflegenden“
→ Anregungen zur Gesprächsführung finden
Sie hier
→ Gesprächsergebnis dokumentieren
Sollte sich Ihre Vermutung bestätigen, muss der Beobachtungsbogen Bestandteil der Pflegedokumentation werden.
Sollte es in Ihrer Einrichtung Suchtbeauftragte geben, müssen diese einbezogen werden. Ansonsten wenden Sie sich an die Pflegedienstleitung (PDL) oder Ihre Vorgesetzten.
Sollte sich bei Ihrer Fallbesprechung herausstellen, dass Sie einen großen Handlungsbedarf sehen, können Sie die Risikoeinschätzung vornehmen, bevor Sie mit den Betroffenen sprechen.
Risikoeinschätzung
„Besteht eine Gefährdung der Betroffenen
oder anderer“
→ Einschätzung zusammen mit der PDL oder
den Vorgesetzten vornehmen
→ Ergebnis dokumentieren
Die Risikoabschätzung ist die Basis für das weitere Vorgehen. Jedes weitere Gespräch mit den Betroffenen zur Absicherung der Pflege sollte von 2 Personen geführt werden (Pflegekraft und Suchtbeauftragte/PDL/sonstige Vorgesetzte/Ärztin oder Arzt), da die weiteren Schritte ab jetzt in der Verantwortung des Trägers liegen.
Sie können sich vor und/oder nach dem 2. Gespräch mit den Betroffenen von Mitarbeitenden einer Suchtberatungsstelle beraten lassen. Denen können sie (anonymisiert) ihr Problem schildern. Wenn es in ihrem Umkreis einen Verbund von Sucht- und Altenhilfe gibt, dann wenden Sie sich an die Altersbeauftragten einer Suchtberatungsstelle. Diese kennen sich mit den Problemlagen älterer Menschen aus. Ansonsten ist es die Aufgabe Ihrer Suchtbeauftragten/PDL/Vorgesetzten, einen ersten telefonischen Kontakt zu einer Suchtberatung herzustellen.
Geringes Risiko
„Sie müssen nicht unmittelbar handeln“
→ Sprechen Sie die zu Pflegenden in Abständen auf ihre Beobachtungen an und versuchen Sie herauszufinden, ob und wie Sie helfen können, das Risiko weiter gering zu halten
Hohes Risiko
„Sie müssen handeln“
→ Ein weiteres Gespräch und ggf. eine schnelle Handlung (bei Selbst- oder Fremdgefährdung) ist erforderlich
In dieser Situation ist es sinnvoll, die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt der oder des Betroffenen hinzu zu ziehen und ggf. mit den Angehörigen oder den Betreuern zu sprechen.
Angehörige: Denken Sie grundsätzlich daran, mit den Angehörigen zu sprechen.
Ärztin/Arzt: Diese haben einen ganz konkreten Zugang zu den Patienten: sie können Bluttests durchführen, eine Diagnose stellen oder eine Behandlung einleiten. Mit der Ärztin oder dem Arzt können Sie auch abklären, welche Wechselwirkungen eingenommene Medikamente und Alkohol haben.
Pflegeprozess
planen
→ Intern und/oder extern in Zusammenarbeit mit der Suchthilfe
→ Sie können erst dann konkret einen Mitarbeitenden der Suchthilfe einbeziehen, wenn Ihnen die oder der Betroffene eine Entbindung von der Schweigepflicht unterschrieben hat!
Betroffene
ansprechen
→ Führen Sie dieses Gespräch zu zweit (Pflegekraft und Suchtbeauftragte/PDL/sonstige Vorgesetzte/Ärztin oder Arzt)
→ Die Ergebnisse der Risikoeinschätzung bilden die Grundlage des Gesprächs (Gesprächsführung)
→ Führen Sie aus, wie Sie den Betroffenen helfen möchten.
Das Gespräch mit den Betroffenen kann zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Bedenken Sie, dass die Bereitschaft, etwas zu verändern, durch weitere Gespräche entstehen kann. Es muss für die Betroffenen erkennbar werden, dass der Alkohol durch eine gesteigerte Lebensqualität ersetzt werden kann. Sind die Betroffenen kooperativ, aber selbst unsicher, ob der Alkoholkonsum problematisch ist, können Sie ein Screeninginstrument einsetzen (Screening).
Betroffene streitet
ein Risiko ab
→ Je nach Risikoeinschätzung können Sie noch weitere Gespräche führen oder z.B. ein messbares Ergebnis herbeiführen (z.B. Alkoholtest vor Medikamentengabe)
Betroffene möchten
etwas verändern
→ Überlegen Sie mit den Betroffenen zusammen, welche Ziele auf welchem Weg erreicht werden können.
→ Respektieren Sie die Entscheidung, auch wenn sie selbst skeptisch sind. Eine Reduktion des Konsums wäre ein Anfang.
Wenn die Betroffenen zustimmen, beziehen Sie jetzt Mitarbeitende der Suchthilfe in den Prozess mit ein. Diese Fachkräfte kennen das Suchthilfesystem genau und können die Betroffenen beraten (z.B. Gespräche in einer Suchtberatungsstelle (sofern die Betroffenen noch mobil sind), Vermittlung an eine Selbsthilfegruppe, Einleiten einer Entgiftung etc.). Sie sind auch dazu ausgebildet, die Betroffenen für weitere Maßnahmen zu motivieren.
Betroffene wollen
nichts verändern
→ Je nach Risikoeinschätzung sollten Sie noch weitere Gespräche führen
→ Als letzte Möglichkeit kann der Pflegevertrag gekündigt werden, dies ist aber keinesfalls als Drohung einzusetzen
Dokumentieren Sie Ihr Vorgehen! Ihre Einrichtung und ggf. die Suchthilfe bleiben für den Prozess verantwortlich. (Ethik und Recht)
Weiterführende Handlungsempfehlungen finden Sie hier!
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